Einmal nach Kleinkanada – Alpines Sportklettern im Ötztal

Das weite Land: Bäume und Berge wie in den Rocky Mountains. Nur dass der CO2-Fußabdruck bei einer Reise ins Ötztal etwas kleiner ausfällt. Magdalena Hofinger und Chanti Gründler testen den kanadaesken Gneis in „Utopia“ (8-).

Alpines Sportklettern Ötztal © Michael Meisl I Climbers Paradise
Utopisch!
So wird etwas abgetan, wenn eine Idee als unrealistisch, ja unerfüllbar angesehen wird. Doch für Magdalena sind die Züge der „Utopia“ alles andere als utopisch. Mit Realitätssinn spaziert sie durch die Schlüsselpassage.

„Was Berge sind? Ein Haufen Steine? Oder ein Spielplatz unserer Träume, Abenteuer … Ein Zirkus, in dem wir selbst Dompteure unserer Taten sind?“

Diese Zeilen stammen aus der Feder von Reinhard Schiestl. Sein Name ist untrennbar mit der Geschichte des Kletterns im Ötztal verbunden. Denn er war nicht nur Autor klangvoller Poesie, sondern auch Urheber zahlloser Kletterrouten. Bis zu seinem tragischen Tod durch einen Autounfall im Jahr 1995 zählte der Grundschullehrer zu den weltbesten Alpinisten. Als Pädagoge brachte er den Ötztaler Kindern nicht nur Rechnen und Schreiben bei, sondern auch das Klettern. Seine Saat ging auf, aus seiner Kletterschule entwuchsen Weltcupkletterer und Profialpinisten wie Hansjörg Auer.

Alpines Sportklettern Ötztal © Michael Meisl I Climbers Paradise
„Schmoaß“ bedeutet „Glück“ im Ötztaler Dialekt, der seit 2010 auf der Liste des immateriellen UNESCO-Kulturerbes steht. Glücklich darf sich auch Chanti schätzen, weil was kann es Schöneres geben, als die für Nösslach typischen Leisten zuzuschrauben?

Alpines Sportklettern Ötztal © Michael Meisl I Climbers Paradise
Steile Literatur 1516 veröffentlichte Thomas Morus das Werk „Utopia“. Darin entwirft er eine ideale, aber fiktive zukünftige Gesellschaftsordnung. Leider nützt Chanti dieses Hintergrundwissen zum Routennamen aber rein gar nichts zur Lösung des Bevorstehenden.

Aber auch die Klettergärten gediehen prächtig. Inzwischen gibt es an die 750 bestens abgesicherte Touren im Ötztal und wieder eine neue Generation an fitten Kletterern. Und genauso wie für Reinhard oder Hansjörg sind für den 22-jährigen Tobias Holzknecht und den 20-jährigen Leo Moser die Berge ihrer Heimat weit mehr als ein Haufen Steine. So ist die Route „Boulevard of Broken Dreams“ für die beiden – auch wenn der Name ganz etwas anderes verheißen mag – doch die Erfüllung eines kleinen, aber feinen Klettertraums direkt vor der Haustür. Und zugleich eine Projektionsfläche ihrer unerfüllten Sehnsüchte:

Alpines Sportklettern Ötztal © Michael Meisl I Climbers Paradise
Traumtänzer In den acht Seillängen der „Boulevard of Broken Dreams“ warten Schwierigkeiten bis 9+/10- auf die Wiederholer. Den Allroundalpinisten Tobias Holzknecht bringt das aber keineswegs aus dem Konzept.

„Der Fels in Nösslach soll eine gewisse Ähnlichkeit mit dem berühmten Squamish in Kanada haben. Einmal möchte ich nach Kanada, um zu überprüfen, ob das auch tatsächlich stimmt“, meint Leo.

Alpines Sportklettern Ötztal © Michael Meisl I Climbers Paradise
Jung und dynamisch Leo Moser gehört zu den jungen wilden Ötztalern, die an den heimatlichen Felsen groß und stark geworden sind. Ein bisschen ausstrecken noch und er hat die Schlüsselseillänge der „Boulevard of Broken Dreams“ in der Tasche.

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