Kletterspots im Frühling – Der Lago ist hier!

Warum zu Ostern mit den Massen an den Gardasee stauen, wenn es alle Vorzüge auch nördlich des Brenners gibt? Eine Überzeugungsarbeit in fünf Kapiteln.

Klar, man kann es schon verstehen: Nach dem langen, harten Winter endlich mal wieder die Sonne südlicher Gefiele auf der ausgebleichten Haut spüren, nach Monaten der Entbehrung endlich mal wieder genüsslich ein Vanilleeis mit Sahne schlecken, vielleicht sogar ein erster, zögerlicher Sprung in den noch eiskalten See: Der Osterurlaub am Gardasee ist für viele der Start in ein neues Kletterjahr.

Doch die Kehrseite der Medaille: Staus schon am Brennerpass, überfüllte Campingplätze, die ersehnte Ruhe am Fels nur ein ferner Traum. Deshalb: Fünf Argumente, warum du im Climbers Paradise Tirol genau so glücklich wirst.

1. Tannheimer Tal: Das schönste Hochtal Tirols

Ein großer Teil der Faszination Gardasee ist das Sarcatal, das sich vom Nordzipfel des Lago nordwärts zieht. Felsen auf jeder Seite, quasi wo man hinschaut, eine Ostereiersuche könnte nicht ergiebiger sein. In Tirol gibt es ein Sarcatal in klein (und ruhig): Das Tannheimer Tal. Gerade aus Deutschland schnell erreicht, ist es sowas wie die erste ernstzunehmende Einbuchtung der Allgäuer Alpen. Mit der Opulenz des Sarcatals kann das Tannheimer natürlich nicht mithalten, muss es aber auch gar nicht: 9 Sportklettergärten, 10 Mehrseillängengebiete, 3 Klettersteige … ganz ehrlich, wer braucht da schon mehr für eine Woche Urlaub? Und von der Felsqualität muss sich das „schönste Hochtal Tirols“ schon gar nicht verstecken.

Gerade die Mehrseillängen um die majestätische Rote Flüh, den Gimpel und die Zwerchwand sind wunderbar südseitig ausgerichtet und deshalb ideal für den Frühling, sobald der Schnee weggeschmolzen ist. Ab Ende April hat dann auch das Gimpelhaus geöffnet, das perfekte vorgeschobene Basislager am Fuße der Wände.

 

Tannheimer Tal, Foto: Simon Schöpf

2. Ötztal: Viva la Granit

Auch das Ötztal braucht den Vergleich zum Sarcatal nicht scheuen: Wer hier durchfährt, tut sich schwer, einen der vielen hochqualitativen Klettergärten auszuwählen. Nur ein Unterschied: Hier ist Granitkletterei angesagt, Kalk sucht man vergeblich. Ist aber nur gut so, denn bombenfester kann Fels nicht mehr werden. Zum Sonne tanken eignen sich die beliebte Engelswand mit ihrem angenehm-flachen Wandfuß (sonnig ab ca. 11 Uhr), der ebenso bequeme Klettergarten Oberried (sonnig am Vormittag) oder die Moosalm bei Sölden.

Engelswand, Foto: Simon Schöpf

Für die obligatorische Kugel Gelato nach dem Klettertag gibt es in der Ortschaft Oetz am Taleingang gleich mehrere exzellente Optionen: Bei der Eismanufaktur Vivan oder im Cafe Heiner kommen mit Sicherheit italienische Glücksgefühle auf.

3. Steinplatte: Im Verdon Tirols

Um nicht immer nur Gardasee-Vergleiche anzustellen, mal kurz ins Französische ausschweifen: Die Steinplatte ist das Verdon Tirols. So exzellent der Riffkalk im Grenzgebiet Tirol-Salzburg, so unglaublich gut die sonnigen Mehrseillängen, so üppig das Angebot. Auch die Klettergärten oben an der Steinplatte sind Top: Am „St. Johanner Palven“ beispielsweise oder im „Wintergarten“ lässt der Fels keine Wünsche offen, Lochkletterrei an teuflisch scharfen Griffen ist hier angesagt.

Steinplatte, Foto: Simon Schöpf

Aber auch von den lieblichen Campingplätzen im Tal ist der Pillersee nicht weit, also doch wieder Lago-Feeling. Wer lieber gemütlich im Tale verweilt, dem wird bestimmt auch nicht langweilig: Der Klettergarten Adolari ist einen Besuch wert, besonders für Familien und Anfänger ist das Angebot groß: Gleich fünf dezidierte Familienklettergärten kennt die Region. Besonders nett ist der Klettergarten Wiesensee, der mit grob geschätzten drei Minuten Zustieg selbst für die Kleinsten Vertikalhelden gut erreichbar ist und direkt über dem Wiesensee liegt. Wer genug gekletter hat, kann einfach planschen gehen!

4. Sonnenplatten Scharnitz: Perfekt für Einsteiger

Wer braucht schon die Fischzuchtplatten im Sarcatal, wenn es doch die Sonnenplatten in Scharnitz gibt? Unweit der deutschen Grenze, vor den Toren des Karwendels gelegen, lockt der frisch sanierte Klettergarten mit seinen gut 60 Routen vor allem Anfänger, die Schwierigkeiten sind meist leicht bis moderat. Ein Platz, ideal für Familien: Kurzer Zustieg, eine Chill-Area mit Bänken, Brunnen und Slacklines und viel, viel Sonne.

Saniert wurden die Routen von der Scharnitzer Kletterlegende und Slacklinepionier Heinz Zak, der als einer der ersten den Freiklettergedanken vom Yosemite Valley in Kalifornien zurück in die Tiroler Heimat brachte. Viele geniale Touren hat er in den hiesigen Felsen hinterlassen, viele davon vogelwild – im Karwendel, den Kalkkögeln, im Schüsselkar. Nicht so in den Sonnenplatten, hier ist Plaisirklettern angesagt. Und zur Stärkung nach einem ausgiebigem Klettertag gibt es nur eine Option: Ab in die Pizzaria „Alte Mühle“ im Ortszentrum Scharnitz, hier steht nämlich eine ganz besondere Pizza auf der Speisekarte: Die Pizza „Heinz Zak“, die bekommst du so nicht mal in Arco!

 

Klettern in den Sonnenplatten - Scharnitz
Klettern in den Sonnenplatten Scharnitz, Foto: Heinz Zak, Olympiaregion Seefeld

Und wenn die Sonnenplatten nicht genug sind, dann hat die Olympiaregion Seefeld noch vieles mehr in der Tasche: Die legendäre Chinesische Mauer, ein ebenfalls südseitig ausgerichteter Kalkriegel, bietet die mitunter lohnendsten Routen in Tirol, hier werden vor allem die Hardmover Spaß haben. Gemütlicher geht es im Mauerbogen zur Sache, von den 30 Routen sind viele im 6. Grad und bieten nach dem ersten Stand nach oben hin noch ein paar schwerere Meter zur „Draufgabe“.

5. Kufsteinerland: High End geht auch hier

Und weil auch Arco für die Kombination aus schweren Routen + nullkommanull Zustieg + Schloss im Hintergrund bekannt ist: Auch das können wir in Tirol locker bieten. An der Geisterschmiedwand, diesem geschichtsträchtigen Kalkriegen vor den Toren Kufsteins, ist man auch in Flip-Flops in wenigen Minuten bei den Routen. Und erst die Festung des Städtchens, viel opulenter als die Ruinen bei Arco! Jedenfalls legten hier schon Pioniere wie Hans Dülfer Hand an, Generationen an Spitzenkletterern legten die Latte kontinuierlich höher, im Moment liegt sie bereits ziemlich hoch. Nämlich bei 9a+ mit der Route „Qui“, die bereits 1996 von Stefan Fürst geklettert wurde und erst 2019 durch Adam Ondra himself die erste Wiederholung fand (zum Video).

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Kufsteiner Land, Foto: Michael Meisl

Für alle, die ihren Urlaub lieber gemächlicher angehen, sei der Klettergarten Morsbach empfohlen. Zwar wird man hier die Flip-Flops doch gegen Zustiegsschuhe tauschen, aber in guten 10 Minuten ist man auch hier am Fels. Sonnig ist es ebenso, und es gibt eine gute Anzahl an Routen in den unteren Schwierigkeitsgraden. Vermutlich einer der ersten Klettergärten in Tirol!

Das kühle Nass im Pfrillsee, Foto: Michael Meisl

Und weil eben nichts so gut tut, wie nach einem langen Klettertag die geschundenen Zehenspitzen in kühles Nass zu tauchen: Nein, auch dafür muss man nicht zum Gardasee fahren, man spaziert einfach die paar Meter rüber zum Pfrillsee. Und denk sich: Ach wie schön, die Einsamkeit!