Lena Müller an der Martinswand
Lena Müller an der Martinswand

Klimafreundlich Klettern – 3 Spots in Tirol, die gut mit Bus, Bahn oder Rad erreichbar sind

Nach der Arbeit noch schnell an den Fels, das Nötigste ins Auto gepackt und los geht’s. Auf diesen Luxus verzichten die beiden Autorinnen Deniz Scheerer (Botanikerin) und Lena Müller (Ökologin) bewusst. Sie wollen ihren Teil zum nachhaltigen Wandel beitragen, den unser Planet dringend braucht.

Die beiden Kletterinnen widmen sich in ihrem “Sustainable Climbing Guide” (kostenlos erhältlich im Kletterzentrum Innsbruck oder online unter www.lenamueller.com) den umweltfreundlichen Anreisemöglichkeiten zu rund 21 Klettergebieten in den Regionen Mieminger Gebirge, Ötztal, Seefelder Plateau, Innsbruck, Aachensee und Kufstein. Detaillierte Anreisemöglichkeiten von Innsbruck zum gewünschten Gebiet mit Bus, Bahn, Fahrrad oder zu Fuß sind aufgelistet.

Ein paar Fakten aus dem Kletterguide zur Einstimmung:

  • „Die Welt hat im Jahr 2021 die Ressourcen von 1,5 Planeten verbraucht. Würde die gesamte Weltbevölkerung nach österreichischer Lebensweise leben, wären es sogar 3,5 Planeten.“
  • „Allein in Österreich gelangen mehr als 6700 Tonnen Kunststoffpartikel pro Jahr durch Reifenabrieb in die Umwelt. Das ist das Gewicht von 1000 Elefanten.“
  • „Vom persönlichen Fußabdruck entfallen im Durchschnitt etwa 35 % auf Konsum, 20 % auf Mobilität, 20 % auf Wohnen und 15 % auf Ernährung.“
  • „Ein PKW mit Verbrennungsmotor stößt durchschnittlich 15-mal mehr C02 pro Personenkilometer aus als der Zug in Österreich. Dabei wird die Gesamtbilanz von Fahrzeugherstellung, Betrieb und Recycling berücksichtigt.“

Hat man sich mit den aktuellen, stark vom Menschen beeinflussten Klimaveränderungen auseinandergesetzt und das eigene Handeln reflektiert, ergeben sich daraus im besten Fall auch Veränderungen im eigenen Lebensstil. Sei es die Umstellung auf vegetarische oder gar vegane Ernährung, der Verzicht auf Flugreisen oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Anreise ins Klettergebiet.

Interview mit Autorin Deniz Scheerer

Climbers Paradise: „Hallo Deniz, wie bist du zu einem nachhaltigeren Lebensstil gekommen und was tust du neben der klimafreundlichen Anreise zum Kletterfelsen noch, um deinen persönlichen CO2-Fußabdruck zu minimieren?“

Deniz: „Ich war schon früh auf dem ökologischen Weg. Mit 13 war ich bereits Vegetarierin aus ökologischen Gründen. Durch mein Biologiestudium engagiere ich mich in verschiedenen Vereinen zum Thema Bewusstseinsbildung und Mobilität (z.B. Zukunftsschmiede oder Österreichischer Biologenverband). Ich halte Vorträge zu diesen Themen (Europäische Mobilitätswoche), um mein Wissen und meine Überzeugungen weiterzugeben. Außerdem fahre ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit, mache ab und zu Urlaub in der Region und vermeide Kurzstreckenflüge“.

Die Autorinnen des Sustainable Climbing Guide, Deniz Scheerer und Lena Müller
Die Autorinnen des Sustainable Climbing Guide, Deniz Scheerer und Lena Müller

Climbers Paradise: „Wie wirkt sich die naturverträgliche Anreise ins Gebiet auf deinen Klettertag aus? Teilen deine FreundInnen deine Überzeugungen oder gibt es Komplikationen, wenn sie anders ins Gebiet anreisen als du?“

Deniz: „Da die meisten meiner FreundInnen kein Auto besitzen, reisen wir eigentlich immer gemeinsam mit Bus oder Bahn an und gehen dann zu Fuß zum Kletterspot oder zur Bergtour. Mit dem KlimaTicket Tirol zahlen wir für die Nutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel 519,60 Euro im Jahr. Mit dem Fahrrad sind wir eher selten unterwegs, was aber mit der richtigen Ausrüstung (für den Transport der eigentlichen Kletterausrüstung) auch kein Problem wäre. Ich sehe bei dieser Art der Anreise eigentlich keine Nachteile“.

„Es braucht nicht einige wenige, die alles perfekt machen. Es braucht viele, die in die richtige Richtung gehen.“

Climbers Paradise: „Kannst du uns dieses Zitat von dir etwas näher erläutern?“

Deniz: „Für mich geht es nicht um den ultimativen Verzicht, sondern um die Frage, welche klimafreundlichen Verhaltensweisen ich in meinen Alltag integrieren kann, ohne mich einzuschränken. Wenn ein Großteil der Menschen umweltbewusster handeln würde, wäre das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Manche Veränderungen können sich sogar für mich persönlich lohnen. Zum Beispiel kann ich die Zeit im Bus viel besser nutzen als beim Autofahren (z.B. Podcasts hören, lesen, FreundInnen oder Familie anrufen etc.) oder meinem Körper durch Radfahren etwas Gutes tun.

Climbers Paradise: „Durch deine berufliche Tätigkeit als Managerin einer Klima- und Energiemodellregion hast du einen sehr realistischen Einblick in das Handeln des Landes Tirol in Sachen Natur- und Klimaschutz. Kannst du uns einen Einblick geben, wie die Politik mit diesen Themen umgeht?

Deniz: „Beim Klimaschutz steht immer das Sparen an erster Stelle. Mit der Strategie 2050 (Tirol will bis dahin energieautonom sein) hat die Politik gute Visionen. Derzeit sind auch die Förderungen von Bund und Land im Bereich Klimaschutz (z.B. Sanierung, Mobilität etc.) sehr günstig, was Veränderungen erleichtert. Das Land Tirol bietet kostenlose Energieberatungen für Private und Betriebe an. Bei der Bewusstseinsbildung der Bevölkerung sehe ich allerdings noch Verbesserungsbedarf. Als ich Kinder einer ländlichen Mittelschulklasse befragte, ob sie etwas vom Klimawandel in Österreich bemerken, konnte keiner der SchülerInnen ein Beispiel nennen. Als ich auf die schneelosen Hänge im Winter hinwies, meinten sie: “Kein Problem, es gibt ja Schneekanonen. Generell wünsche ich mir von der Politik mutige Entscheidungen in Sachen Natur- und Klimaschutz“.

3 Tipps für tolle Klettergärten, die gut öffentlich erreichbar sind

1) Martinswand, Zirl

„Gemeinsam haben wir die Möglichkeit, alles zu verändern.“

Anfahrt mit dem Rad (40 min):

Von Innsbruck aus startend auf dem Radweg zum Inn flussaufwärts auf der linken Seite bis Kematen fahren und am Ende des Radwegs rechts auf die L13 auffahren. Der Straße über die Brücke folgen und anschließend rechts auf die B171 abbiegen. Auf der B171 bis auf einen der drei Parkplätze fahren und dort das Rad abstellen. An den Parkplätzen startet der Zustieg zu den gewünschten Sektoren.
12,6 km, Hinweg: ↑30 hm, ↓19 hm

Anfahrt mit dem Bus (20 min):

Von der Haltestelle Innsbruck Finanzamt mit der Buslinie 4176 (Richtung Nassereith) oder 4123 (Richtung Telfs Lumma Krehbachgasse) bis zur Bushaltestelle Zirl Martinsbühel fahren, welche direkt neben P1 liegt. Alternativ kann man bis zur Haltestelle Zirl Gh Schwarzer Adler fahren, da diese Haltestelle häufiger angefahren wird. Von hier aus braucht man zusätzlich 15-20 min zum Parkplatz, indem man an der B171 entlang Richtung Osten geht. Von dort startet der Zustieg zu den gewünschten Sektoren.

Anfahrt mit dem Zug und dem Rad (20 min):

Von Innsbruck Hbf fährt die S-Bahn (S4 Richtung Telfs Pfaffenhofen / S5 Richtung Ötztal Bahnhof) halbstündlich nach Kematen i. Tirol Bahnhof. Anschließend vom Bahnhof mit dem Rad Richtung Westen entlang der Gleise fahren, bis man schräg links auf die Bundesstraße abbiegt. Direkt danach im Kreisverkehr die erste Ausfahrt auf die L13 nehmen und der Straße folgen, bis man rechts auf die B171 auffährt. Der Straße bis zum gewünschten Parkplatz folgen, von hier startet der Zustieg zu den gewünschten Sektoren. (2,7 km, Hinweg: flach)

Klettern im Dschungelbuch, Martinswand
Klettern im Dschungelbuch, Martinswand

2) Mieminger Gebirge (Haiminger Klettergarten)

Anfahrt mit dem Zug (35-43 min):

Von Innsbruck Hbf mit dem Zug (35 min) oder mit der S-Bahn (S5 Richtung Ötztal Bahnhof; 43 min) nach Haiming Bahnhof fahren.

Anschließend weiter mit dem Rad (6 min) oder zu Fuß (20 min):

Vom Bahnhof ausgehend dem Bahnweg dorfeinwärts bis zur Kreuzung folgen. An der Kreuzung auf die Kirchstraße abbiegen und am Ende der Straße links auf die Dorfstraße abbiegen. Der Dorfstraße geradeaus folgend kommt man rechts auf die Ötztaler Straße, von der man dann links in die Alte Bundesstraße abbiegt.
Der Bundesstraße folgen, bis man über die Brücke den Inn überquert und nach dieser rechts auf die Straße Magerbach abbiegt. Kurz nach den letzten Häusern ist bereits der Wanderparkplatz auf der rechten Seite zu sehen. Von hier aus beginnt der Zustieg (10 min).

Um zum Klettergarten Simmering zu gelangen, geht man vom Wanderparkplatz über den Autobahntunnel und biegt dann rechts ab.

> Topos & Details hier.

3) Kufstein (Geisterschmiedwand)

Anfahrt mit der Bahn (35 – 75 min):

Von Innsbruck Hbf mit dem Zug (35-48 min) oder mit der S-Bahn (S4; 75 min) bis Kufstein Bahnhof fahren.

Anschließend weiter mit dem Rad (10 min) oder zu Fuß (40 min):

Vom Bahnhof aus über den Inn und dann geradeaus den Stadtplatz überqueren, im Anschluss links auf die Andreas Hofer Straße und von hier weiter bis zum Kaiserlift Kufstein. Am Kaiserlift Parkplatz vorbei und weiter bis zur Sparchner Straße, welcher man bis zum Kaisertal Parkplatz folgt. Von hier startet der Zustieg. (2,8 km, Hinweg: ↑123 hm, ↓6m)

Eine andere Möglichkeit vom Bahnhof zur Geisterschmiedwand zu gelangen, ist die Weiterfahrt mit dem Bus (6-18 min):

Am Bahnhof fährt die Buslinie 4030 (6 min; Richtung Kössen Hüttwirt) oder die Buslinie 4036 (7 min; Richtung Ebbs Schulzentrum) oder die Buslinie 1 (19 min, Richtung Ebbs Kaisertal) bis zur Haltestelle Ebbs Kaisertal. Die Haltestelle befindet sich direkt neben dem Parkplatz, von hier startet der Zustieg.

> Topos & Details Geisterschmiedwand hier

Lena an der Engelswand im Ötztal. Foto: Johannes Ingrisch
Lena an der Engelswand im Ötztal. Foto: Johannes Ingrisch

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