Louis Gundolf beim Felsklettern | Climbers Paradise
Louis Gundolf beim Felsklettern

Wie bereiten sich die Athleten auf die Kletter-WM 2018 vor?

Vom 6. September bis 16. September findet in Innsbruck die Kletter-Weltmeisterschaft statt und für unsere heimischen Athleten damit der Höhepunkt der Wettkampfsaison 2018. Hier will jeder seine optimale Leistung abrufen und seine beste Kletter-Performance liefern. Doch wie funktioniert das? Wie plant man das? Ein Athlet kann nicht das ganze Jahr über das Maximum seiner Leistung liefern. Beim zielgerichteten Training geht es darum, den Leistungshöhepunkt, also das Maximum seiner Leistungsfähigkeit, genau zum Zeitpunkt der Kletter-WM zu erreichen. Um darzustellen, wie das funktioniert, müssen wir bei der Kletter-WM Innsbruck 2018 beginnend ca. Jahr zurückschauen.

Pause im Herbst 2017

Herbst 2017, die Wettkampfsaison ist nahezu abgeschlossen. Jetzt beginnt die ruhige Zeit für die Athleten. Bis ca. Weihnachten kann einfach geklettert werden. Alles was das Herz begehrt. Vor allem so viel wie möglich am Fels. Dann folgt eine richtige Kletter- und Trainingspause. 2 bis 3 Wochen haben Körper und Geist Zeit sich zu erholen, Kraft zu sammeln für die kommenden harten Trainingsmonate.

Nachwuchshoffnung Celina Schoibl beim Felsklettern im Ötztal | Climbers Paradise
Nachwuchshoffnung Celina Schoibl beim Felsklettern im Ötztal

Die Phasen bis zur Kletter-WM

Mitte Jänner geht’s dann wieder los. Das Training wird jetzt in bestimmte Phasen eingeteilt. Das heißt, es werden bestimmte Schwerpunkte gesetzt und daran wird gezielt gearbeitet. Der grundsätzliche Ablauf ist immer gleich. Die Trainingsart, der Trainingsumfang, die Trainingsdichte und so weiter sind sehr komplex und kann je nach Athlet sehr unterschiedlich sein.

1. Phase: Grundlagentraining

Die erste Phase ist das Grundlagentraining. 2 bis 3 Wochen wird einfach viel und vielseitig geklettert. Ziel ist es eine Grundlage zu schaffen, für die harten Trainingswochen die folgen.

2. Phase: Aufbautraining

Die zweite Phase ist das sogenannte Aufbautraining und dauert ca. 6 Wochen. Hier werden drei verschiedene Boulder geklettert. Einer mit Leisten, einer mit Zangen und einer mit Auflegern. Die Boulder sind zirka 12 Züge lang. Es wird immer der gleiche Boulder (zum Beispiel Aufleger) zirka 8 bis 10 Mal hintereinander geklettert mit einer Pause von zwei Minuten dazwischen. Dann folgt eine Pause von 10 Minuten, bevor der nächste Boulder (zum Beispiel Zangen) geklettert wird. Die Boulder sollen so schwer sein, dass man die letzten Züge gerade noch oder gerade nicht mehr schafft. Das heißt, nach zwei drei Wochen müssen die Boulder schwerer gemacht werden, weil sich der Körper an die Belastung bzw. an die Boulder gewöhnt. Aufbau trainiert wird 3 Mal die Woche insgesamt zirka 18 Einheiten, das heißt 6 Wochen lang.

3. Phase: Maximalkrafttraining

Im Anschluss folgt das Maximalkrafttraining. Wie der Name schon sagt, liegt der Schwerpunkt in der Maximalkraft, die Kraft die der Körper unter maximaler, willkürlicher Kontraktion leisten kann. Beim Klettern entspricht das etwa ein bis fünf Kletterzügen. Am besten trainierbar mit Bouldern, ergänzend dazu Kraftübungen zum Beispiel am Campusboard. Generell gilt, dass der Körper nach einem Maximalkrafttraining mehr Pause braucht als nach einer nicht so intensiven Einheit. Diese Phase dauert zirka 4 bis 6 Wochen.

Beim Bouldern die Maximalkraft trainieren | Climbers Paradise
Beim Bouldern die Maximalkraft trainieren

4. Phase: Kraftausdauertraining

Die letzte Phase bzw. der letzte Schwerpunkt ist das Kraftausdauertraining. Hier geht’s darum möglichst lange ein bestimmtes Kraftniveau ohne Leistungsabfall aufrecht erhalten zu können. Der Zeitraum ist durch die Routenlängen vorgegeben. Das heißt, es wird die Kraftausdauer für die Dauer einer durchschnittlichen Wettkampfroute trainiert. Dabei gibt es viele verschieden Möglichkeiten: Standard ist zum Beispiel die Intervallmethode, wo eine Route mehrmals hintereinander geklettert wird, ohne eine vollständige Erholung dazwischen. Die Kraftausdauerphase dauert auch zirka 4 bis 6 Wochen.

Zusätzliches Training

Dabei ist noch hinzuzufügen, dass das Training immer individuell auf jeden einzelnen Athleten angepasst wird und die einzelnen Phasen nur Schwerpunkte des Trainings sind. Das heißt, es werden alle anderen Bereiche mittrainiert. So kommt jeder Athlet auf etwa 7 Trainingseinheiten pro Woche, oft zwei Einheiten an einem Tag. Daneben folgen noch Dehnungsübungen zur Erhaltung und Verbesserung der Beweglichkeit, Ausgleichsübungen, Mentaltraining und speziell an den Ruhetagen Ausgleich-Sport wie Radfahren oder Laufen.

Dehnübungen | Climbers Paradise
Dehnen gehört auch zum Training dazu

Wettkampfphase

Mittlerweile beginnen die ersten Wettkämpfe, das Training wird etwas zurückgefahren, eventuell folgt noch einmal eine Trainingspause von maximal einer Woche, damit die Athleten die notwendige und sehr wichtige Erholung erhalten.

Zirka 6 bis 8 Monate nach dem Start des Trainings Mitte Jänner wird der Leistungshöhepunkt erreicht. Rechtzeitig zu den ersten Wettkämpfen und der Kletter-WM Innsbruck als Highlight von 6. bis 16. September.