Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)
Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)

Arlberger Winterklettersteig: Drahtseilakt im Schnee

Der Arlberg lässt selten Wünsche offen: Selbst im Winter werden Klettersteigfans hier glücklich. Allerdings mit Ski auf dem Rücken – dafür belohnt eine fantastische Freeride-Abfahrt für die Mühen. Willkommen am Arlberger Winterklettersteig.

Der Gigantität sind am Arlberg traditionell wenig Grenzen gesetzt. 88 Bergbahnen, über 300 km Pisten, so um die 200 Abfahrtsvarianten – es gibt denkbar viele Optionen, mit den Ski beschwingt ins Tal zu rauschen. Aber ein Drahtseil als Wegweiser zum unverspurten Pulverhang? Das ist selbst am Arlberg ein Unikum. Aber warum nicht! Der Arlberger Winterklettersteig ist speziell für die kalte Jahreszeit konzipiert, als einziger in Tirol.

Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)
Am Beginn des Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)

850 Meter spannt sich das Drahtseil im Rendlgebiet hinüber zur Rossfallscharte, eine hochalpine Gratüberschreitung, durchgehend versichert. Gut ein Viertel der Strecke muss am Fels geklettert werden, sonst heißt es am Grat entlang stapfen. Hier wird glücklich, wer neben seinen Oberschenkeln auch noch eine Arme trainieren will, das Gesamtpaket quasi. Denn an diesem Drahtseil zieht uns kein Lift nach oben, das müssen wir schon selbst übernehmen.

Drahtseil-Akrobatik mit Ski

„So, jetzt weit nach vorne beugen, tiefer, genau, eine halbe Drehung und durch“, weist uns Bergführer Naggy in den Turnübungen an, die zu absolvieren sind, wenn man einen Klettersteig mit Ski am Rücken angeht. Da kann das Stahlseil schon mal über Kopf hängen, wenn der Wind den Schnee vom Grat geblasen hat, und Akrobatik ist in diesem Gelände eigentlich eine verzichtbare Nummer. Gut, dass uns der Naggy mit eingespielter Routine über die Schlüsselstellen hilft.

Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)
Ski meets Drahtseil: Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)

Der Naggy heißt eigentlich Erich Schweiger und ist ein Urgestein unter den Arlberger Bergführern. Seit mehr als 40 Saisonen streift er hauptberuflich durch die Berge seines Heimatdorfs St. Anton, das er „das schönste Büro der Welt“ nennt, irgendwie zurecht. Wenn man mit der Galzigbahn nach oben fährt, kennt Naggy jeden einzelnen Liftler beim Rufnamen und man schwebt nur wenige Meter an seinem Elternhaus vorbei. Den Winterklettersteig zu führen ist für ihn eine willkommene Abwechslung zum Pisteln und Freeriden.

Weiter am Klettersteig, ein klirrendes Rrrrrrtsch erinnert einen immer wieder hart an die Tatsache, dass sich Skispitzen und Fels meist nicht sonderlich harmonisch begegnen. Wir steigen immer in einer Höhe zwischen 2.600 und 2.800 Metern mal geht’s bergauf, bergab, wieder bergauf, aber immer am Grat entlang. Spektakulär die Ausgesetztheit, zu beiden Seiten fällt das Gelände steil ab. Wir schauen hinab zu den Liftstationen, wir fühlen uns wie in einer anderen Welt. Der einsame Klettersteig ist wohl der krasseste Gegensatz zum geregelten Skitreiben auf den blauen, roten, schwarzen Pisten weit unter uns.

Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)
Oft ausgesetzt am Grat: Der Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)

Klettersteig im Winter, irgendwie wild

Ein bissiger Wind motiviert zum raschen Weiterklettern. Klick, klack, macht das Klettersteigset im Stahlseil, ritsch, ratsch die Skispitzen am Fels. Gewöhnungsbedürftig das Klettern in Skischuhen, kalt das Stahlseil an den Finger, schwer der Rucksack mit den Ski daran. Aber Spaß macht die Sache trotzdem, man fühlt sich irgendwie wild. Nach gut zwei Stunden sind wir am Ziel, der Rossfallscharte. Und Naggy – ganz Skilehrer – zieht zur Belohnung einen kleinen Flachmann aus der Jackentasche, „Zirbe, das schmeckt immer am besten.“

Schmeckt, die Zirbe, doch die noch viel berauschendere Belohnung kommt erst, wenn die Skischuhe in die Bindung einrasten: 1.500 Höhenmeter Abfahrt durch das unverbaute Malfontal stehen uns bevor, ganz hinunter bis nach Pettneu. Naggy setzt die Parallelschwüngen in den Hang wie im Lehrvideo, Symmetrie vom Feinsten, wir jauchzen ihm etwas unsymmetrischer hinterher. Unten stimmen neben den müden Oberschenkeln nun auch unsere Arme das Lied vom Muskelkater an. Der Arlberg hat mal wieder geliefert, im Gesamtpacket. Und wir dürfen uns ein klein wenig wie Helden fühlen.

Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)
Mit viel Panorama: Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)

Infos: Arlberger Winterklettersteig

Der Arlberger Winterklettersteig ist ein einmaliges Erlebnis, mit Skiern am Rücken geht’s von der Bergstation der Riffel-II-Bahn über einen 850 Meter langen Grat und die Vordere Rendlspitze (2.816 m) zur Rossfallscharte. Für die Mühen belohnt die grandiose Abfahrt ins Malfontal.

Zustieg

Von St. Anton mit der Rendlbahn hinauf, dann auf der Piste Nr. 4 zur Talstation der Riffelbahn I. Mit den Riffelbahnen I und II zur Bergstation (Riffelscharte, 2.645 m). Der Einstieg zum Winterklettersteig befindet sich rechts hinter dem Lifthäuschen und ist mit einem Schild markiert.

Abstieg / Abfahrt

Vom Steigende hinunter zur Roßfallscharte. Dort entweder östlich durch das Malfontal oder westlich über den Roßfallwinkel zurück nach St. Anton abfahren.

Ausrüstung

Für die Beförderung mit Riffelbahn I & II ist Wintersportausrüstung unbedingt erforderlich (Fußgänger dürfen mit dieser Bahn nicht befördert werden). Außerdem Klettersteigausrüstung mit Gurt und Klettersteigset sowie Tourenschuhe. Der Winterklettersteig am Rendl gilt als sehr schwierig.

  • Alpine Erfahrung ist unabdingbar, sonst unbedingt Bergführer buchen!
  • Schwierigkeit: D
  • Dauer: 2,5 Stunden
  • Höhendifferenz: 250 Höhenmeter
  • Topo von Climbers Paradise

Berg- und Skiführer

Die Arlberger Skilehrer haben schon weltweit Kultstatus erlangt, am besten selbst davon überzeugen. Der Tourismusverband bietet einen guten Überblick über die Ski- und Snowboardschulen der Region: stantonamarlberg.com

Mehr Infos vor Ort

Die kompetenten Mitarbeiter des Tourismusverbandes helfen mit Unterkunft, Aktivitäten und Leihausrüstung.

Tourismusverband St. Anton am Arlberg, Dorfstraße 8, A-6580 St. Anton am Arlberg, Tirol. Tel. +43 544 622690, www.stantonamarlberg.com

Infos zum Winterklettersteig auf der Seite des TVB.

Arlberger Winterklettersteig (Foto: Simon Schöpf)
Aber abwärts gehts dann zumindest mit Ski … (Foto: Simon Schöpf)