Pinnistal: Unterwegs mit Mr. Iceman

Christian Picco Piccolruaz beim Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf

Das Pinnistal ist einer der Hotspots für Eiskletterer in Tirol, selten lässt sich gemütliche Hüttenatmosphäre und alpines Abenteuer so gut verbinden. Unterwegs mit einem der Eiskletterpioniere aus dem Climbers Paradise Tirol.


Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
Der „Vorhang“ im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf

Das Pinnistal ist einer jener Orte in Tirol, die man nicht so schnell vergisst. Als kleines Seitental des berühmten Stubaitales liegt es zwar oft im Schatten, ist dafür aber umso ruhiger. Und Schatten braucht man sowieso, wenn man im Winter eines machen will: Eisklettern. Und das geht hier so gut wie an kaum einem anderen Ort in Tirol.

Epizentrum des eisigen Treibens ist die urige Pinnisalm. Draußen stehen bunte Schlitten, über den Elferlift kommt man mit einer Stunde Aufstieg bequem hierher. Und ein E-Bike, denn E-Bike & Climb, das geht für manche auch im Winter ohne Probleme, man muss es nur machen. Daneben ein großer Rucksack mit spitzen Eispickeln hinten dran, ein knallrotes Seil oben drauf. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht begrüßt uns Christian Piccolruaz, der Hüter des Materials. Picco, wie ihn alle nennen, ist ein alpiner Tausendsassa: Bike-Pionier, Bergführer-Ausbilder, Routen-Erschließer, Austrialpin-Athlet.

Christian Picco Piccolruaz beim Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
Christian “Picco” Piccolruaz ist gern da, wo es kalt ist. Foto: Simon Schöpf

Und natürlich Eiskletterer, und nicht irgendeiner. Picco war von Anfang an dabei, als es plötzlich Mode wurde, gefrorene Wasserfälle mit Stahlzacken hochzuklettern. Wie lange er das schon macht? „100 Jahre“, lacht er und schultert seinen vollgepackten Rucksack. Tatsächlich dürfte es im Climbers Paradise Tirol nur wenige geben, die diesen Extremsport schon so lange mit so viel Begeisterung und Niveau betreiben. Den Spaß an der Sache hat er sich über die Jahre erfolgreich bewahrt.

Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
E-Bike & (Ice)Climb, das geht für manche auch im Winter. Foto: Simon Schöpf

Männer ohne Nerven“, „Kerze“, „Familiensonntag“: Hier gibt es auf engstem Raum so viele prominente Eisfälle wie nirgendwo sonst in Tirol. „Ein wahres Eldorado“, schwärmt selbst Picco, der so ziemlich jede Stelle im Land kennt, an der im Winter das Wasser gefriert. Wir stapfen hinauf zur prominentesten Linie hier, dem „Vorhang“: Massiv, 80 Meter senkrecht ragt das Eis zwischen den Felswänden empor. Selbst vom Stubenfenster der Pinnisalm aus kann man die Kletterer beim Pickeln beobachten. Selten liegen gemütliches Hüttenflair und alpines Abenteuer so nah beieinander.

Mr. Iceman

Oben beim Einstieg des Vorhangs entsteht eine einzigartige Geräuschkulisse: Fröhliches Kinderlachen von der Rodelbahn mischt sich mit dem archaischen Geräusch, wenn spitzer Stahl auf hartes Eis trifft. Dass das ganze Vergnügen per definitionem sehr temporär ist, bezeugen die kühlschrankgroßen Eisbrocken, die am Fuße des Falles verstreut liegen. „Da hilft auch der Helm nicht mehr“, kommentiert Picco. Doch heute ist der Vorhang in perfektem Zustand, das Eis fest und griffig. Entspannt und geschmeidig klettert Picco den Wasserfall hinauf, dreht alle paar Meter eine Eisschraube als Zwischensicherung ins Eis, für ihn ein Spaziergang.

Christian Picco Piccolruaz beim Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
Picco im Eis des „Vorhangs“. Foto: Simon Schöpf

Eisklettern, das ist immer auch eine gewisse Materialschlacht, aber hier musste die Ausrüstung nicht weit reisen: Pickel, Steigeisen und Eisschrauben kommen direkt aus der Schmiede von Austrialpin am Eingang des Tals, Picco selbst war an der Entwicklung der Eisgeräte beteiligt. Die Metallverarbeitung hat im Stubaital eine jahrhundertealte Tradition, die Schmiede haben sich weltweit einen Namen gemacht. Genau wie die Alpinisten.

 

Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
Eisklettern ist immer eine Materialschlacht. Foto: Simon Schöpf

Picco hat hier einige schwierige Erstbegehungen in den Wänden hinterlassen, mit klingenden Namen, die etwas Biografisches haben: „Iceman“, „Lasur d’Amour“, „Chief Pinnis“. Wilde Mixed-Touren, bei denen man mit Pickel und Steigeisen sowohl über Fels als auch über Eis klettern muss. Gut abgesichert mit Bohrhaken sind die Touren aber schon, sagt Picco, „denn ich will meiner Frau morgens mit gutem Gewissen ‚bis später‘ sagen und es auch so meinen“.

Zurück auf der Pinnisalm fegt Wirt Christian in kariertem Hemd und Lederhose wie ein Wirbelwind von Tisch zu Tisch. Aber nie geht er ohne einen frechen Spruch. Schon sein Vater hat die Alm bewirtschaftet, seine Mutter hilft noch immer in der Küche. Zurück ins Stubaital kommt man jedenfalls nicht, ohne mindestens einen Zirbila”, einen Zirbenschnaps, probiert zu haben. „Gespendet von genau diesem Baum da im Garten“, zwinkert Christian, „den bitte alle nachher einmal umarmen. Prost!“

Christian Picco Piccolruaz beim Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
Der „Vorhang“ vor dem Fenster: Von der Pinnisalm kann man den Kletterern beim werkeln zuschauen. Foto: Simon Schöpf

INFOS EISKLETTERN PINNISTAL

Das Eisklettereldorado im Pinnistal erstreckt sich auf der östlichen Seite als ein riesiger Felsriegel unweit der Pinnisalm. Der Kirchdachsockel bietet mit etwa 20 Eisfällen je nach Winter und Verhältnissen eine ganze Fülle beeindruckender Touren in alpinem Ambiente. Drei Klassiker:

  • Vorhang (WI4 – 5-, 80 Meter). Kaum zu übersehen und oft super eingepickelt.
  • Männer ohne Nerven (WI5, 140 Meter). Imposante Linie, eine der frequentiertesten Touren im Pinnistal.
  • Familiensonntag (WI4-, 150 Meter). Schönes, kompaktes Eis in ruhiger Lage im oberen Stock.
Christian Picco Piccolruaz beim Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
Steigen, steigen, schlagen, schlagen. Picco im Vorhang. Foto: Simon Schöpf

Gut geführt

Picco bietet für Interessierte selbst Eisklettertrainings und -führungen. Alle Infos unter www.piccolruaz.at

Christian Picco Piccolruaz beim Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf

Austrialpin

Infos zum Eisklettermaterial vom Climbers Paradise Partner Austrialpin gibt es auf der Website www.austrialpin.at/produkte

Christian Picco Piccolruaz beim Eisklettern im Pinnistal, Tirol. Foto: Simon Schöpf
Qualität aus dem Stubaital: Die Eisgeräte K.ice.R. von Austrialpin. Foto: Simon Schöpf