Rastplatz mit Aussicht am Imster Klettersteig, Foto: Susa Schreiner | Climbers Paradise
Rastplatz mit Aussicht am Imster Klettersteig, Foto: Susa Schreiner

Imster Klettersteig: Ein alpiner Klassiker

Der Imster Klettersteig auf den 2.632 m hohen Maldonkopf ist ein Muss für jeden Ferrata-Fan: Der 800 m lange Sportklettersteig bietet anspruchsvolle Klettereien in rauem Kalk und belohnt mit einem Pracht-Panorama.

Wenn die schwüle Sommerhitze langsam milden Herbsttemperaturen weicht, ist die Zeit für südseitig ausgerichtete Klettereien gekommen, wie sie der Klettersteigklassiker auf den 2.632 m hohen Maldonkopf in den Lechtaler Alpen bietet. Der alpine Sportklettersteig wurde bereits 1989 eröffnet, kommt dabei aber kein bisschen „old-school“ daher, im Gegenteil. Nach umfangreichen Sanierungen gilt der „Imster Klettersteig“ als Musterbeispiel für moderne Sportklettersteige – ohne dabei mit natürlichem Charme und klettertechnischen Reizen zu geizen.

Allerdings, auch wenn die Absicherung vorbildlich ist, gilt: Alpine Vorkenntnisse, Trittsicherheit in steilem Gelände, Muskelkraft und Klettersteigerfahrung sind Voraussetzungen dafür, dass die Tour zum Traum und der Klassiker zum einmaligen Erlebnis mit Langzeitwirkung wird.

Maldonkopf by fair means

Voll Bock auf Biken, Wandern und Klettersteig gehen? Warum nicht alles an einem Tag miteinander verbinden, inklusive Gipfelglück und (doppelter) Hüttengaudi? Vom Parkplatz der Imster Bergbahnen in Hoch-Imst geht es über einen breiten Fahrweg zunächst bergab, dann über einige Kehren bergauf zur Latschenhütte (Beschilderung Richtung Linserhof; Teilwiesen am Anfang folgen). Die Hütte lassen wir links liegen und radeln die Straße noch ein Stück weiter bis zur Materialseilbahn der Muttekopfhütte. Ab hier ist dann der Wanderteil dran.

Wir folgen den Schildern zur Muttekopfhütte, schweren Herzens ohne Pause auf der zauberhaften Hüttenterrasse zu machen. Dafür begrüßen uns oberhalb der Hütte sattgrüne Almwiesen, die im Morgentau wie Smaragdteppiche funkeln, während die Schafe noch ein wenig verschlafen aus dem Wollpelz blicken, als wir das herrliche Guggersattele emporsteigen. Hier oben öffnet sich ein atemberaubender Blick auf schroffe Berggipfel und steile Kare, auch unser Tagesziel salutiert zu uns herüber. Das Herz hüpft vor Freude und die Beine schlagen fast von selbst den Weg zum Wandfuß ein.

Maldonkopf rechts, Scharnitzköpfe links, Foto: Susa Schreiner | Climbers Paradise
Maldonkopf rechts, Scharnitzköpfe links, Foto: Susa Schreiner

800 Klettermeter am Stahlseil über steile Rippen

Der Imster Klettersteig ist was für Puristen, denn abgesehen von Stahlseil-Absicherung ist der Weg durch den Felsen sehr „naturbelassen“, soll heißen: wenig Steighilfen, viel klassisches Antreten am Fels, der erstaunlich rau ist und sich mit Leisten und Dellen als Klettersteigfreund präsentiert. Bequeme Kletterschuhe sind hier durchaus von Vorteil und lassen richtiges Kletterfeeling aufkommen.

Steile Passage im ersten Drittel des Imster Klettersteiges, Foto: Susa Schreiner | Climbers Paradise
Steile Passage im ersten Drittel des Imster Klettersteiges, Foto: Susa Schreiner

Auf dem Steig gibt es nach zuweilen ordentlich steilen Abschnitten, die die Armmuskeln zum Brennen bringen, immer wieder schöne Gelegenheiten zum Verschnaufen und  Entspannen der Muskeln. Besonderes Highlight: eine luftige Seilbrücke, die Tiefblick und Wackelpudding in den Beinen verspricht.

Seilbrücke im Imster Klettersteig, Foto: Susa Schreiner | Climbers Paradise
Seilbrücke im Imster Klettersteig, Foto: Susa Schreiner

Die eigentliche Schlüsselstelle kommt allerdings erst noch und schiebt sich alsbald mit voller Wucht ins Blickfeld: eine knapp 20 Meter senkrecht emporragende Wand.

„Da soll ich hoch?“ Hui, die Hände sind schwitzig, die Nerven angespannt. Also, noch einmal Kräfte sammeln und los. Und dann die Überraschung, denn dort, wo es am steilsten ist, helfen Eisenkrampen und entlasten die Armmuskulatur – anstrengend ist es trotzdem. Das Gefühl, diesen Abschnitt geschafft zu haben: großer Stolz.

Die steile Passage nach der Seilbrücke hat es in sich, Foto: Susa Schreiner | Climbers Paradise
Die steile Passage nach der Seilbrücke hat es in sich, Foto: Susa Schreiner

Ab jetzt ist das Gipfelkreuz nicht mehr weit, noch ein paar kleine Aufschwünge und man steht oben am Maldonkopf – das Herz hüpft schon wieder, diesmal vor Freude und Stolz. Wir sind die Ersten am Gipfel an diesem herrlichen Tag, das frühe Aufstehen hat sich gelohnt. Wir genießen das prachtvolle Panorama inklusive Aussicht auf Zugspitzmassiv und König Ortler. Die Jause schmeckt in dieser Kulisse wie ein Fünf-Sterne-Menü. Wir prosten uns zu und machen uns dann bereit für den Abstieg.

Die Gipfelsicht vom Maldonkopf, Foto: Susa Schreiner | Climbers Paradise
Die Gipfelsicht vom Maldonkopf, Foto: Susa Schreiner

Abstieg durch das Engelkar

Zuerst am Grat entlang und dann über gestufte Felsen über einen Klettersteig abwärts Richtung Engelkar. Im Grobschotter angekommen sind dann endlich die müden Arme entlastet, allerdings ist hier noch einmal volle Konzentration und Trittsicherheit im steilen Kar gefragt.

Imster Klettersteig, Abstieg durchs Engelkarl, Foto: Susa Schreiner | Climbers Paradise
Imster Klettersteig, Abstieg durchs Engelkarl, Foto: Susa Schreiner

In der Wiese angekommen und gut geschützt vor möglichem Steinschlag, nehmen wir die Helme ab und leeren die Schuhe aus, für einen Mäuse-Sandkasten hätte das Material genügt …

Einkehrschwung auf zwei urigen Hütten

Wir gehen beschwingt zur Muttekopfhütte und nehmen auf der Terrasse Platz. Was für ein Tag, der bei einem kühlen Getränk seinen fulminanten Ausklang findet.

Der Weg bis zu den Rädern ist schnell erledigt, der Fahrtwind weht uns um die Nase und streichelt unsere Haut. Jetzt gleich ins Tal? Nein, lieber der Latschenhütte noch einen Besuch abstatten, an der wir heute früh morgens vorbeigeradelt sind. Wir lassen uns Knödel mit Salat und Apfelstrudel schmecken. Erst danach sind wir bereit fürs Tal. Wieder im Auto haben wir das Gefühl, seit Tagen unterwegs zu sein und dabei waren es nur acht Stunden, die sich aber wie acht Tage Urlaub anfühlen.