Es gibt sie noch – die Orte, die nur wenige kennen und die am besten nicht zu bekannt werden dürfen. Wenn man von Idylle sprechen will, kommt man um den Steinsee in den Lechtaler Alpen einfach nicht umhin. Keine Straße, kein Haus, keine Spuren menschlicher Zivilisation erblickt das Auge dort. Und außerdem findet sich im Kompaktformat alles, was das Kletterherz begehrt. Besonders alpine Einsteiger werden ihre wahre Freude haben!
Headerbild: Playground of Europe
So bezeichneten die ersten britischen Alpinisten die Alpen. Der Spiehlerturm (2.550 m) hat seinen Namen aber nicht von den Engländern, sondern vom deutschen Bergsteiger Anton Spiehler. Stephan Wolf und Egon Huber in der Nordwand (7-).
Liebes Lieblingsklettergebiet!
Unser letztes Wochenende war wunderschön. Ich möchte dich gerne wiedersehen. Niemand macht mir so viel Mut und Angst wie du. Das hatte ich noch nie. Wie soll ich das bewerten?
Als ich deine Anzeige auf diesem Portal gelesen hatte, erwartete ich nichts. Die Zeilen kamen leise, eher introvertiert daher. Ich dachte, da steht eine graue Maus vor mir. Vielleicht wird alles nur eine neue Enttäuschung sein.
Dieses Gefühl beschlich mich bis zuletzt. Ich sah dich aus der Ferne bei unserem ersten Date. Dein Anblick – alles andere als bezaubernd: hier der Teer der Autobahn, dort der zertrümmerte Kies eines Schotterwerkes.
Wo bin ich hier gelandet, frage ich mich. Ich wollte wieder gehen. Du hast eine hässliche Fassade aufgebaut. Wer hat dich so verletzt, dass du niemanden mehr an dich ranlässt?
Ich möchte dich trotzdem kennenlernen. Will dir nah sein. Ich nähere mich dir mit dem Auto an – 4,3 Kilometer von Zams. Lasse alles hinter mir. Die Auffahrt über die steile Schotterpiste, sie wirbelt viel Staub auf, aber noch viel, viel mehr dein Auftritt: abweisend, kühl, verschlossen, schmutzig und ein bisschen verrucht vielleicht. So hast du dich bisher gegeben. Und jetzt?
Öffnest dich mir: schüchtern, aber doch bestimmt mit deinem wunderschönen Hochtal. Du hast mir gleich gesagt, du seist niemand für eine schnelle Nummer.
Mir gefiel deine Sprache nicht. Was denkst du von mir?
Mir gefällt dein langer Zustieg. Ich mag es, wenn du mich zappeln lässt. Langsam lüftest du nun deinen Schleier. Schritt für Schritt offenbarst du mir eine neue Facette deiner charakterlichen Eleganz. Du drängst dich nicht auf, heischst nicht nach Aufmerksamkeit. Du suchst nicht das Rampenlicht, das Rampenlicht findet dich. Du bist selbstbewusst, aber bescheiden. Schön zu sein, heißt, keine Angst zu haben, man selbst zu sein. Du bist wunderschön.
Nein, du bist niemand für eine Nacht. Als ich nach zwei Stunden auf der Steinseehütte ankomme, bin ich mir sicher. Ich bleibe auf unbestimmte Zeit.
Ich möchte dich kennenlernen. Es ist nicht nur dein Inneres.
Ich bin nicht oberflächlich. Mitnichten. Ich kann es nicht anders zusammenfassen: Scharf, du! Die Silhouette deines schlanken Körpers, ganz besonders deines felsigen Rückens; sie erzeugt eine Unruhe in mir, die deine perfekten, steinernen Kurven keineswegs in die richtige Bahn zu lenken vermögen. Ich berühre dich sanft. Du fühlst dich gut an. Ich bin auch nicht materialistisch. Ich sammle Momente und nicht Gegenstände. Das Bankkonto meines Gegenübers ist mir gleichgültig. Aber ich muss schon sagen: Deine schicke Hütte mit eigenem See übertrifft alles. Ich glaube, ich habe mich ein bisschen verliebt.
Dein*e Kletterer*in
Seit 15 Jahren verwöhnt die Pächterfamilie Reich ihre Gäste mit viel Liebe zum Detail und Herzblut. Wer Fragen zu den Klettereien hat, findet bei Hüttenwirt Burkhard immer ein offenes Ohr.
LIMIT #2: Alpinklettern in Tirol – die druckfrische Ausgabe!
In diesem Heft haben wir uns ganz dem Alpinklettern in Tirol gewidmet. Auf 136 Seiten präsentieren wir die beeindruckende vertikale Vielfalt Tirols. Mit spannenden Storys aus 15 Kletterspots, die einen tiefen Einblick in die Geschichte des alpinen Kletterns in Tirol bieten.
- Steinseehütte Spiehlerturm / Route ‚Nordwand‘
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